Oder: Wie wichtige Aussagen einer Podiumsdiskussion einem belustigenden Beispiel zum Opfer fallen.
26.08.2019 – südbar, das Tagblatt lädt zum Podium. Thema: die 38 abgeschafften Parkplätze auf dem Marktplatz. Die Fürsprecher klammerten sich an deren einziges Argument wie ein kletterndes Kind an den dicken Ast, wenn es müde ist.

Dieses Argument war eine Vorlage von 2012, in der die Rede war von einer Parkgarage unter dem Union-Gebäude bis hin zum Taubenloch. Dann wurde diese Ausgangslage aufgebrochen und die Parkgarage im Zentrum verworfen. Leider wurde der Kausalzusammenhang in der Vorlage nicht klar definiert und die Gutgläubigkeit wurde bestraft.
Verschollene Argumente
Was gestern am Podium aber klar wurde: das Abschaffen der Parkplätze ist eine rein ideologische Idee, und keine Argumente konnten vom Gegenteil überzeugen. Hier aber die Liste derjenigen Argumente, die von Parkplatz-Fürsprechern beim Gespräch ausgelegt, vom zahlreichen Publikum mehrheitlich mit Beifall beschenkt, aber im Tagblatt keine Erwähnung fanden:
- Es sind nicht einfach nur 38 Parkplätze. Bei einem Arbeitstag von 0900h bis 1900h und max. 30 min Parkzeit, sind das mindestens 760 Fahrzeuge mit mindestens einer Person, die nicht mehr unmittelbar, kurzentschlossen und bequem konsumieren kann.
- Geht jemand nicht mehr in der Altstadt einkaufen, weil dort Autos parkiert sind? Höchst unwahrscheinlich. Wieviele Personen aber sind vor den Kopf gestossen und wieviele Ladenbetreiber wortwörtlich um Geld betrogen, weil Parkplätze als grosses Übel verteufelt ins Abseits politisiert wurden?
- Nicht jeder Einkauf ist ein Beratungseinkauf. Die meisten Besorgungen sind Routinegeschäfte: Konsumenten wissen, was sie wollen und wünschen sich, es besorgen zu können.
- Unsere Gesellschaft besteht aus älteren Menschen, Menschen mit Gebrechlichkeiten, gestressten Menschen, bequemen Menschen und Menschen, die zwecks Beruf ganztags mit dem Auto unterwegs sein müssen. Es liegt nicht an uns, zu entscheiden, welcher Mensch wie zu konsumieren hat.
- Eine Studie und Analysen puncto Einkaufsverhalten und Umsatz belegt, dass jeder aufgehobene Parkplatz am Markt jährlich ca. CHF 400’000 Umsatz brachte. Mit nun zunehmender Entfernung zu den Läden durch die Verlagerung in Parkhäuser nimmt diese Umsatzstärke markant ab. Das spüren viele Geschäfte schon jetzt.
Lolipop – echt jetzt?
Das Tagblatt entschied sich beim aktuellen Bericht darüber, die Kontra-Argumentation auf das bewusst überspitzt formulierte Beispiel eines Lolipop-Kaufs zu stützen. Urteilen Sie selbst, weshalb es das Tagblatt als nötig erachtet, viele klare Fragestellungen und Vorschläge einer nutzlosen Belustigung zu opfern.
Und in diesem Zusammenhang wurde die Parkplatz-Gegnerin Franziska Ryser zitiert: „Man könnte ja beim Quartierkiosk vorfahren“. Stimmt. Könnte. Effektiv schlug die Grünen-Vertreterin etwas anderes vor, nämlich: „Dann könne man anstatt auf den Marktplatz auch noch 500 m weiter fahren zu einem Kiosk ausserhalb der Altstadt, der auch Parkplätze hat.“ So so. 500 m weiter fahren.
Die Frage derselben „Gegnerin einer für jede Person zugänglichen Altstadt“, ob denn die CHF 750 Millionen Investition für eine Parkgarage unter dem Marktplatz eine Chance hätte – definitiv. Denn beim aktuellen Minus-Zins-Umfeld würden Pensionskassen und andere Anleger gerne in ein lukratives Parkplatz-Projekt einsteigen, das immerhin 2 – 3 % Jahresrendite verspricht.
Fazit
Das Podium brachte nichts Neues. Es zeigte sich auch gestern wieder, dass die Parkplatz-Gegner nicht auf unmittelbare Fragen eingehen und die Argumente der Fürsprecher keinen Platz in der Berichterstattung finden. Schlimmer noch – wie gehabt sind klare Tendenzen der lokalen Zeitung spürbar.
Vorschlag
Die Altstadt ist – durch Stadträtin Maria Pappa bestätigt – eine sogenannte „Begegnungszone“. D.h., man darf mit dem Auto in die Gassen und auf die Plätze fahren und für 15 min einen Güterumschlag (raschen Einkauf) vornehmen – solange niemand dabei behindert wird. Unser Vorschlag deshalb: Tun Sie das! Und plötzlich sind Parkplätze auf der gepflästerten Brache wieder heiss ersehnt. Denn: Flanieren tun die Autogegner wohl in den Gassen, nicht aber auf dem Platz, den sie so inbrünstig von Autos leergefegt haben.